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So erziehst du starke Kinder
Um Mittagszeit kam der Frieder heim. „Nun, Frau, was hast du mir zurechtgemacht?“ – „Ach, Friederchen,“ antwortete sie, „ich wollte dir ja eine Wurst braten, aber während ich das Bier dazu zapfte, hat sie der Hund aus der Pfanne weggeholt, und während ich dem Hund nachsprang, ist das Bier ausgelaufen, und als ich das Bier mit dem Weizenmehl auftrocknen wollte, hab ich die Kanne auch noch umgestossen; aber sei nur zufrieden, der Keller ist wieder ganz trocken.“ Sprach der Frieder: „Katherlieschen, Katherlieschen, das hättest du nicht tun müssen! Lässt die Wurst wegholen und das Bier aus dem Fass laufen und verschüttest obendrein unser feines Mehl!“ – „Ja, Friederchen, das habe ich nicht gewusst, hättest mir’s sagen müssen.“
Der Mann dachte: Geht das so mit deiner Frau, so musst du dich besser vorsehen. Nun hatte er eine hübsche Summe Taler zusammengebracht, die wechselte er in Gold ein und sprach zum Katherlieschen: „Siehst du, das sind gelbe Gickelinge, die will ich in einen Topf tun und im Stall unter der Kuhkrippe vergraben, aber dass du mir ja davonbleibst, sonst geht dir’s schlimm.“ Sprach sie: „Nein, Friederchen, will’s gewiss nicht tun!“ Nun, als der Frieder fort war, da kamen Krämer, die irdne Näpfe und Töpfe feil hatten, ins Dorf und fragten bei der jungen Frau an, ob sie nichts zu handeln hätte. „Oh, ihr lieben Leute,“ sprach Katherlieschen, „ich habe kein Geld und kann nichts kaufen; aber könnt ihr gelbe Gickelinge brauchen, so will ich wohl kaufen.“ – „Gelbe Gickelinge, warum nicht? Lasst sie einmal sehen.“ – „So geht in den Stall und grabt unter der Kuhkrippe, so werdet ihr die gelben Gickelinge finden, ich darf nicht dabeigehen.“ Die Spitzbuben gingen hin, gruben und fanden eitel Gold. Da packten sie auf damit, liefen fort und liessen die Töpfe und Näpfe im Hause stehen. Katherlieschen meinte, sie müsste das neue Geschirr auch brauchen; weil nun in der Küche ohnehin kein Mangel daran war, schlug sie jedem Topf den Boden aus und steckte sie insgesamt zum Zierat auf die Zaunpfähle rings ums Haus herum. Wie der Frieder kam und den neuen Zierat sah, sprach er: „Katherlieschen, was hast du gemacht?“ – „Hab’s gekauft, Friederchen, für die gelben Gickelinge, die unter der Kuhkrippe steckten, bin selber nicht dabeigegangen, die Krämer haben sich’s herausgraben müssen.“ – „Ach, Frau,“ sprach der Frieder, „was hast du gemacht! Das waren keine Gickelinge, es war eitel Gold und war all unser Vermögen; das hättest du nicht tun sollen!“ – „Ja, Friederchen,“ antwortete sie, „das hab‘ ich nicht gewusst, hättest mir’s vorher sagen sollen.“
Katherlieschen stand ein Weilchen und besann sich, da sprach sie: „Hör, Friederchen, das Gold wollen wir schon wiederkriegen, wollen hinter den Dieben herlaufen.“ – „So komm,“ sprach der Frieder, „wir wollen’s versuchen; nimm aber Brot und Käse mit, dass wir auf dem Weg was zu essen haben.“ – „Ja, Friederchen, will’s mitnehmen.“ Sie machten sich fort, und weil der Frieder besser zu Fuss war, ging Katherlieschen hinten nach. Ist mein Vorteil, dachte es, wenn wir umkehren, hab ich ja ein Stück voraus. Nun kam es an einen Berg, wo auf beiden Seiten des Wegs tiefe Fahrgleise waren. „Da sehe einer,“ sprach Katherlieschen, „was sie das arme Erdreich zerrissen, geschunden und gedrückt haben! Das wird sein Lebtag nicht wieder heil.“ Und aus mitleidigem Herzen nahm es seine Butter und bestrich die Gleise, rechts und links, damit sie von den Rädern nicht so gedrückt würden. Und wie es sich bei seiner Barmherzigkeit so bückte, rollte ihm ein Käse aus der Tasche den Berg hinab. Sprach das Katherlieschen: „Ich habe den Weg schon einmal heraufgemacht, ich gehe nicht wieder hinab, es mag ein anderer hinlaufen und ihn wiederholen.“ Also nahm es einen andern Käs und rollte ihn hinab. Die Käse aber kamen nicht wieder, da liess es noch einen dritten hinablaufen und dachte: Vielleicht warten sie auf Gesellschaft und gehen nicht gern allein. Als sie alle drei ausblieben, sprach es: „Ich weiss nicht, was das vorstellen soll! Doch kann’s ja sein, der dritte hat den Weg nicht gefunden und sich verirrt, ich will nur den vierten schicken, dass er sie herbeiruft.“ Der vierte machte es aber nicht besser als der dritte. Da ward das Katherlieschen ärgerlich und warf noch den fünften und sechsten hinab, und das waren die letzten. Eine Zeitlang blieb es stehen und lauerte, dass sie kämen, als sie aber immer nicht kamen, sprach es: „Oh, ihr seid gut nach dem Tod schicken, ihr bleibt fein lange aus! Meint ihr, ich wollt noch länger auf euch warten? Ich gehe meiner Wege, ihr könnt mir nachlaufen, ihr habt jüngere Beine als ich.“ Katherlieschen ging fort und fand den Frieder, der war stehen geblieben und hatte gewartet, weil er gerne was essen wollte. „Nun gib einmal her, was du mitgenommen hast.“ Sie reichte ihm das trockene Brot. „Wo ist Butter und Käse?“ fragte der Mann. „Ach, Friederchen,“ sagte Katherlieschen, „mit der Butter hab ich die Fahrgleise geschmiert, und die Käse werden bald kommen; einer lief mir fort, da hab ich die andern nachgeschickt, sie sollten ihn rufen.“ Sprach der Frieder: „Das hättest du nicht tun sollen, Katherlieschen, die Butter an den Weg schmieren und die Käse den Berg hinabrollen.“ – „Ja, Friederchen, hättest mir’s sagen müssen!“
Da assen sie das trockene Brot zusammen, und der Frieder sagte: „Katherlieschen, hast du auch unser Haus verwahrt, wie du fortgegangen bist?“ -„Nein, Friederchen, hättest mir’s vorher sagen sollen.“ – „So geh wieder heim und bewahr erst das Haus, ehe wir weitergehen; bring auch etwas anderes zu essen mit, ich will hier auf dich warten.“ Katherlieschen ging zurück und dachte: Friederchen will etwas anderes zu essen, Butter und Käse schmeckt ihm wohl nicht, so will ich ein Tuch voll Hutzeln und einen Krug Essig zum Trunk mitnehmen. Danach riegelte es die Obertüre zu, aber die Untertüre hob es aus, nahm sie auf die Schulter und glaubte, wenn es die Türe in Sicherheit gebracht hätte, müsste das Haus wohl bewahrt sein. Katherlieschen nahm sich Zeit zum Weg und dachte: Desto länger ruht sich Friederchen aus. Als es ihn wieder erreicht hatte, sprach es: „Da, Friederchen, hast du die Haustüre, da kannst du das Haus selber verwahren.“ – „Ach, Gott!“ sprach er, „was hab ich für eine kluge Frau! Hebt die Türe unten aus, dass alles hineinlaufen kann, und riegelt sie oben zu. Jetzt ist’s zu spät, noch einmal nach Haus zu gehen, aber hast du die Türe hierhergebracht, so sollst du sie auch ferner tragen.“ – „Die Türe will ich tragen, Friederchen, aber die Hutzeln und der Essigkrug werden mir zu schwer, ich hänge sie an die Türe, die mag sie tragen.“
Nun gingen sie in den Wald und suchten die Spitzbuben, aber sie fanden sie nicht. Weil’s endlich dunkel ward, stiegen sie auf einen Baum und wollten da übernachten. Kaum aber sassen sie oben, so kamen die Kerle daher, die forttragen, was nicht mitgehen will, und die Dinge finden, ehe sie verloren sind. Sie liessen sich gerade unter dem Baum nieder, auf dem Frieder und Katherlieschen sassen, machten sich ein Feuer an und wollten ihre Beute teilen. Der Frieder stieg von der andern Seite herab und sammelte Steine, stieg damit wieder hinauf und wollte die Diebe totwerfen. Die Steine aber trafen nicht, und die Spitzbuben riefen: „Es ist bald Morgen, der Wind schüttelt die Tannäpfel herunter.“ Katherlieschen hatte die Tür noch immer auf der Schulter, und weil sie so schwer drückte, dachte es, die Hutzeln wären schuld, und sprach: „Friederchen, ich muss die Hutzeln hinabwerfen.“ – „Nein, Katherlieschen, jetzt nicht,“ antwortete er, „sie könnten uns verraten.“ – „Ach, Friederchen, ich muss, sie drücken mich gar zu sehr.“ – „Nun so tu’s, ins Henkers Namen!“ Da rollten die Hutzeln zwischen den Ästen herab, und die Kerle unten sprachen: „Die Vögel misten.“ Eine Weile danach, weil die Türe noch immer drückte, sprach Katherlieschen: „Ach, Friederchen, ich muss den Essig ausschütten.“ – „Nein, Katherlieschen, das darfst du nicht, es könnte uns verraten.“ – „Ach, Friederchen, ich muss, es drückt mich gar zu sehr.“ – „Nun so tu’s, ins Henkers Namen!“ Da schüttete es den Essig aus, dass es die Kerle bespritzte. Sie sprachen untereinander: „Der Tau tröpfelt schon herunter.“ Endlich dachte Katherlieschen: Sollte es wohl die Türe sein, was mich so drückt? und sprach: „Friederchen, ich muss die Türe hinabwerfen.“ – „Nein, Katherlieschen, jetzt nicht, sie könnte uns verraten.“ – „Ach, Friederchen, ich muss, sie drückt mich gar zu sehr.“ – „Nein, Katherlieschen, halt sie ja fest!“ – „Ach, Friederchen, ich lass sie fallen.“ – „Ei,“ antwortete Frieder ärgerlich, „so lass sie fallen ins Teufels Namen!“ Da fiel sie herunter mit starkem Gepolter, und die Kerle unten riefen: „Der Teufel kommt vom Baum herab,“ rissen aus und liessen alles im Stich. Frühmorgens, wie die zwei herunterkamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugen’s heim.
Als sie wieder zu Haus waren, sprach der Frieder: „Katherlieschen, nun musst du aber auch fleissig sein und arbeiten.“ – „Ja, Friederchen, will’s schon tun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden.“ Als Katherlieschen im Feld war, sprach’s mit sich selber: „Ess ich, ehe ich schneid, oder schlaf ich, ehe ich schneid? Hei, ich will ehr essen!“ Da ass Katherlieschen und ward überm Essen schläfrig und fing an zu schneiden und schnitt halb träumend alle seine Kleider entzwei: Schürze, Rock und Hemd. Wie Katherlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackig da und sprach zu sich selber: „Bin ich’s oder bin ich’s nicht? Ach, ich bin’s nicht!“ Unterdessen ward’s Nacht, da lief Katherlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief: „Friederchen!“ – „Was ist denn?“ – „Möcht gern wissen, ob Katherlieschen drinnen ist.“ – „Ja, ja,“ antwortete der Frieder, „es wird wohl drinnen liegen und schlafen.“ Sprach sie: „Gut, dann bin ich gewiss schon zu Haus,“ und lief fort.
Draussen fand Katherlieschen Spitzbuben, die wollten stehlen. Da ging es zu ihnen und sprach: „Ich will euch helfen stehlen.“ Die Spitzbuben meinten, es wüsste die Gelegenheit des Orts und waren’s zufrieden. Katherlieschen ging vor die Häuser und rief: „Leute, habt ihr was? Wir wollen stehlen.“ Dachten die Spitzbuben: Das wird gut und wünschten, sie wären Katherlieschen wieder los. Da sprachen sie zu ihm: „Vorm Dorfe hat der Pfarrer Rüben auf dem Feld, geh hin und rupf uns Rüben!“ Katherlieschen ging hin aufs Land und fing an zu rupfen, war aber so faul und hob sich nicht in die Höhe. Da kam ein Mann vorbei, sah’s und stand still und dachte, das wäre der Teufel, der so in den Rüben wühlte. Lief fort ins Dorf zum Pfarrer und sprach: „Herr Pfarrer, in Eurem Rübenland ist der Teufel und rupft!“ – „Ach Gott,“ antwortete der Pfarrer, „ich habe einen lahmen Fuss, ich kann nicht hinaus und ihn wegbannen.“ Sprach der Mann: „So will ich Euch hockeln,“ und hockelte ihn hinaus. Und als sie auf das Land kamen, machte sich das Katherlieschen auf und reckte sich in die Höhe. „Ach, der Teufel!“ rief der Pfarrer, und beide eilten fort, und der Pfarrer konnte vor grosser Angst mit seinem lahmen Fuss gerader laufen als der Mann, der ihn gehockt hatte, mit seinen gesunden Beinen.