Die kluge Meise und der Fuchs

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Der Fuchs hatte lange nichts gefressen und kam heißhungrig an einen Baum, wo eine Meise ihr Nest hatte. „Gib deine Jungen gleich her!“ rief er der alten Meise zu, „sonst schlage ich mit meinem Schwanz den Baum um und fresse dich!“ Die Meise erschrak sehr und konnte lange kein Wort sprechen; endlich, als sie sich erholt hatte, sagte sie: „Aber, lieber Fuchs, lasse mir meine Jungen, sie sind ja so winzig klein, daß du an ihnen deinen Hunger doch nicht stillen kannst; willst du mir folgen, so verschaffe ich dir reichliche Speise!“ – „Laß sehen!“ sprach der Fuchs. Die Meise flog nun an die Landstraße, der Fuchs folgte von weitem nach. Da saßen zwei Frauen, die hatten neben sich Körbe mit Backwerk. Die Meise flog in die Nähe und hüpfte hin und her, als ob sie nicht recht fliegen könne. Die Frauen bekamen Lust, das kleine Vöglein zu fangen, um ihren Kindern damit eine Freude zu machen; sie standen auf und eilten demselben nach, um es zu erhaschen; doch das hüpfte immer weiter fort. Der Fuchs schlich indes zu den Körben heran, fraß alles, was drinnen war, und wurde satt. Als das die Meise gesehen hatte, hob sie sich hoch in die Luft und flog zu ihrem Nest; die beiden Frauen machten lange Gesichter, und als sie ihre Körbe umgeworfen und leer fanden, da erst ärgerten sie sich über ihre Torheit.
Der Fuchs aber kam zum Baum und rief der Meise zu: „Hoho! du bist noch nicht frei, schaffe mir nun auch zu trinken!“ – „So folge mir!“ sprach die Meise und flog wieder an die Landstraße; da fuhr eben ein Mann und hatte auf dem Wagen ein Faß voll Wein. Die Meise setzte sich seitwärts auf das Faß und fing an zu picken. Der Mann schlug nach ihr mit der Geißel;
allein sie huschte glücklich weg und war gleich wieder da. Nun ward er zornig, nahm seine Axt und wollte sie totschlagen;
aber die Meise entkam, und er schlug das Faß ein, und der Wein strömte zu Boden. Als er weiter gefahren, kam der Fuchs heran und soff sich voll. „Bist du jetzt zufrieden?“ fragte die Meise. „Hoho! noch nicht!“ rief der Fuchs, „jetzt will ich auch einmal lachen!“ – „So folge mir!“ sprach die Meise zum Fuchs, und sie flog zu einer sächsischen Tenne; der Fuchs schlich heran und kroch auf den Hahnenbalken; da droschen zwei ungarische Drescher, ein junger und ein alter mit einem Kahlkopf. Die Meise setzte sich nun dem Alten auf die Glatze; vergebens griff und schlug er nach ihr; sie huschte flink fort, und wie er anfing zu dreschen, saß sie ihm wieder auf der Glatze. Da ward er ärgerlich und rief seinem jungen Kameraden zu:
„Üset, Pista!“ (ungarisch: Schlage, Stefan!)
Der schlug mit dem Dreschflegel nach der Meise; allein die entkam glücklich, und er traf den Alten auf die Glatze, daß der gleich zu Boden fiel. Da lachte der Fuchs oben auf dem Hahnenbalken so gewaltig, daß er sich nicht mehr halten konnte; er plumpste hinab in die Tenne, und der Pista, nicht faul, klopfte ihm mit dem Dreschflegel den Pelz aus, daß ihm das Lachen verging. Nur mit genauer Not kam er davon; die Meise aber flog vergnügt zu ihrem Nest.