Kostenloser Ratgeber:
So erziehst du starke Kinder
Als er nach Haus kam, da freute sich sein kleiner Junge so sehr darüber, dass er sich an den Bänken hielt, zu ihm herbeiwackelte und ihn an den Beinen festpackte. Da erschrak der Vater, denn es fiel ihm sein Versprechen ein, und er wusste nun, was er verschrieben hatte. Weil er aber immer noch kein Geld in seinen Kisten und Kasten fand, dachte er, es wäre nur ein Spass von dem Männchen gewesen. Einen Monat nachher ging er auf den Boden und wollte altes Zinn zusammensuchen und verkaufen, da sah er einen grossen Haufen Geld liegen. Nun war er wieder guter Dinge, kaufte ein, ward ein grösserer Kaufmann als vorher und liess Gott einen guten Mann sein. Unterdessen ward der Junge gross und dabei klug und gescheit. Je näher aber die zwölf Jahre herbeikamen, je sorgenvoller ward der Kaufmann, so dass man ihm die Angst im Gesichte sehen konnte. Da fragte ihn der Sohn einmal, was ihm fehlte. Der Vater wollte es nicht sagen, aber jener hielt so lange an, bis er ihm endlich sagte, er hätte ihn, ohne zu wissen, was er verspräche, einem schwarzen Männchen zugesagt und vieles Geld dafür bekommen. Er hätte seine Handschrift mit Siegel darüber gegeben, und nun müsste er ihn, wenn zwölf Jahre herum wären, ausliefern. Da sprach der Sohn: „O Vater, lasst Euch nicht bang sein, das soll schon gut werden, der Schwarze hat keine Macht über mich.“
Der Sohn liess sich von dem Geistlichen segnen, und als die Stunde kam, gingen sie zusammen hinaus auf den Acker, und der Sohn machte einen Kreis und stellte sich mit seinem Vater hinein. Da kam das schwarze Männchen und sprach zu dem Alten: „Hast du mitgebracht, was du mir versprochen hast?“ Er schwieg still, aber der Sohn fragte: „Was willst du hier?“ Da sagte das schwarze Männchen: „Ich habe mit deinem Vater zu sprechen und nicht mit dir.“ Der Sohn antwortete: „Du hast meinen Vater betrogen und verführt, gib die Handschrift heraus!“ – „Nein,“ sagte das schwarze Männchen, „mein Recht geb ich nicht auf.“ Da redeten sie noch lange miteinander, endlich wurden sie einig, der Sohn, weil er dem Erbfeind und nicht mehr seinem Vater zugehörte, sollte sich in ein Schiffchen setzen, das auf einem hinabwärts fliessenden Wasser stände, und der Vater sollte es mit seinem eigenen Fuss fortstossen, und dann sollte der Sohn dem Wasser überlassen bleiben. Da nahm er Abschied von seinem Vater, setzte sich in ein Schiffchen, und der Vater musste es mit seinem eigenen Fuss fortstossen. Das Schiffchen schlug um, so dass der unterste Teil oben war, die Decke aber im Wasser; und der Vater glaubte, sein Sohn wäre verloren, ging heim und trauerte um ihn.
Das Schiffchen aber versank nicht, sondern floss ruhig fort, und der Jüngling sass sicher darin, und so floss es lange, bis es endlich an einem unbekannten Ufer festsitzen blieb. Da stieg er ans Land, sah ein schönes Schloss vor sich liegen und ging darauf los. Wie er aber hineintrat, war es verwünscht. Er ging durch alle Zimmer, aber sie waren leer, bis er in die letzte Kammer kam, da lag eine Schlange darin und ringelte sich. Die Schlange aber war eine verwünschte Jungfrau, die freute sich, wie sie ihn sah, und sprach zu ihm: „Kommst du, mein Erlöser? Auf dich habe ich schon zwölf Jahre gewartet; dies Reich ist verwünscht, und du musst es erlösen.“ – „Wie kann ich das?“ fragte er. „Heute nacht kommen zwölf schwarze Männer, die mit Ketten behangen sind, die werden dich fragen, was du hier machst, da schweig aber still und gib ihnen keine Antwort, und lass sie mit dir machen, was sie wollen. Sie werden dich quälen, schlagen und stechen, lass alles geschehen, nur rede nicht; um zwölf Uhr müssen sie wieder fort. Und in der zweiten Nacht werden wieder zwölf andere kommen, in der dritten vierundzwanzig, die werden dir den Kopf abhauen; aber um zwölf Uhr ist ihre Macht vorbei, und wenn du dann ausgehalten und kein Wörtchen gesprochen hast, so bin ich erlöst. Ich komme zu dir, und habe in einer Flasche das Wasser des Lebens, damit bestreiche ich dich, und dann bist du wieder lebendig und gesund wie zuvor.“ Da sprach er: „Gerne will ich dich erlösen.“ Es geschah nun alles so, wie sie gesagt hatte. Die schwarzen Männer konnten ihm kein Wort abzwingen, und in der dritten Nacht ward die Schlange zu einer schönen Königstochter, die kam mit dem Wasser des Lebens und machte ihn wieder lebendig. Und dann fiel sie ihm um den Hals und küsste ihn, und war Jubel und Freude im ganzen Schloss. Da wurde ihre Hochzeit gehalten, und er war König vom goldenen Berge.
Also lebten sie vergnügt zusammen, und die Königin gebar einen schönen Knaben. Acht Jahre waren schon herum, da fiel ihm sein Vater ein und sein Herz ward bewegt, und er wünschte ihn einmal heimzusuchen. Die Königin wollte ihn aber nicht fortlassen und sagte: „Ich weiss schon, dass es mein Unglück ist,“ er liess ihr aber keine Ruhe, bis sie einwilligte. Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wünschring und sprach: „Nimm diesen Ring und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin versetzt, wo du dich hinwünschest, nur musst du mir versprechen, dass du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wünschen.“ Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger und wünschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte. Im Augenblick befand er sich auch dort und wollte in die Stadt. Wie er aber vors Tor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er seltsame und doch so reiche und prächtige Kleider anhatte. Da ging er auf einen Berg, wo ein Schäfer hütete, tauschte mit diesem die Kleider, zog den alten Schäferrock an und ging also ungestört in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr, dass es sein Sohn wäre, und sagte, er hätte zwar einen Sohn gehabt, der wäre aber längst tot; doch weil er sähe, dass er ein armer dürftiger Schäfer wäre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben. Da sprach der Schäfer zu seinen Eltern: „Ich bin wahrhaftig euer Sohn, wisst ihr kein Mal an meinem Leibe, woran ihr mich erkennen könnt?“ – „Ja,“ sagte die Mutter, „unser Sohn hatte eine Himbeere unter dem rechten Arm.“ Er streifte das Hemd zurück, da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm und zweifelten nicht mehr, dass es ihr Sohn wäre. Darauf erzählte er ihnen, er wäre König vom goldenen Berge, und eine Königstochter wäre seine Gemahlin, und sie hätten einen schönen Sohn von sieben Jahren. Da sprach der Vater: „Nun und nimmermehr ist das wahr! Das ist mir ein schöner König, der in einem zerlumpten Schäferrock hergeht!“ Da ward der Sohn zornig und drehte, ohne an sein Versprechen zu denken, den Ring herum und wünschte beide, seine Gemahlin und sein Kind, zu sich. In dem Augenblick waren sie auch da, aber die Königin, die klagte und weinte und sagte, er hätte sein Wort gebrochen und sie unglücklich gemacht. Er sagte: „Ich habe es unachtsam getan und nicht mit bösem Willen,“ und redete ihr zu; sie stellte sich auch, als gäbe sie nach, aber sie hatte Böses im Sinn.
Da führte er sie hinaus vor die Stadt auf den Acker und zeigte ihr das Wasser, wo das Schiffchen war abgestossen worden, und sprach dann: „Ich bin müde, setze dich nieder, ich will ein wenig auf deinem Schoss schlafen.“ Da legte er seinen Kopf auf ihren Schoss, und sie lauste ihn ein wenig, bis er einschlief. Als er eingeschlafen war, zog sie erst den Ring von seinem Finger, dann zog sie den Fuss unter ihm weg und liess nur den Toffel zurück; hierauf nahm sie ihr Kind in den Arm und wünschte sich wieder in ihr Königreich. Als er aufwachte, lag er da ganz verlassen, und seine Gemahlin und das Kind waren fort und der Ring vom Finger auch, nur der Toffel stand noch da zum Wahrzeichen. Nach Haus zu deinen Eltern kannst du nicht wieder gehen, dachte er, die würden sagen, du wärst ein Hexenmeister, du willst aufpacken und gehen, bis du in dein Königreich kommst. Also ging er fort und kam endlich zu einem Berg, vor dem drei Riesen standen und miteinander stritten, weil sie nicht wussten, wie sie ihres Vaters Erbe teilen sollten. Als sie ihn vorbeigehen sahen, riefen sie ihn an und sagten, kleine Menschen hätten klugen Sinn, er sollte ihnen die Erbschaft verteilen. Die Erbschaft aber bestand aus einem Degen, wenn einer den in die Hand nahm und sprach: „Köpf alle runter, nur meiner nicht!“ so lagen alle Köpfe auf der Erde; zweitens aus einem Mantel, wer den anzog, war unsichtbar; drittens aus einem Paar Stiefel, wenn man die angezogen hatte und sich wohin wünschte, so war man im Augenblick dort. Er sagte: „Gebt mir die drei Stücke, damit ich probieren könnte, ob sie noch in gutem Stande sind!“ Da gaben sie ihm den Mantel, und als er ihn umgehängt hatte, war er unsichtbar und war in eine Fliege verwandelt. Dann nahm er wieder seine Gestalt an und sprach: „Der Mantel ist gut, nun gebt mir das Schwert!“ Sie sagten: „Nein, das geben wir nicht! Wenn du sagtest: Köpf alle runter, nur meiner nicht, so wären unsere Köpfe alle herab und du allein hättest den deinigen noch.“ Doch gaben sie es ihm unter der Bedingung, dass er’s an einem Baum probieren sollte. Das tat er, und das Schwert zerschnitt den Stamm eines Baumes wie einen Strohhalm. Nun wollt er noch die Stiefel haben, sie sprachen aber: „Nein, die geben wir nicht weg, wenn du sie angezogen hättest und wünschtest dich oben auf den Berg, so stünden wir da unten und hätten nichts!“ – „Nein,“ sprach er, „das will ich nicht tun.“ Da gaben sie ihm auch die Stiefel. Wie er nun alle drei Stücke hatte, so dachte er an nichts als an seine Frau und sein Kind und sprach so vor sich hin: „Ach, wäre ich auf dem goldenen Berg,“ und alsbald verschwand er vor den Augen der Riesen, und war also ihr Erbe geteilt. Als er nah beim Schloss war, hörte er Freudengeschrei, Geigen und Flöten, und die Leute sagten ihm, seine Gemahlin feiere ihre Hochzeit mit einem andern. Da ward er zornig und sprach: „Die Falsche, sie hat mich betrogen und mich verlassen, als ich eingeschlafen war.“ Da hing er seinen Mantel um und ging unsichtbar ins Schloss hinein. Als er in den Saal eintrat, war da eine grosse Tafel mit köstlichen Speisen besetzt, und die Gäste assen und tranken und scherzten. Sie aber sass in der Mitte, in prächtigen Kleidern auf einem königlichen Sessel und hatte die Krone auf dem Haupt. Er stellte sich hinter sie und niemand sah ihn. Wenn sie ihr ein Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm er es weg und ass es; und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm er’s weg und trank’s aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts, denn Teller und Glas verschwand augenblicklich. Da ward sie bestürzt und schämte sie sich, stand auf und ging in ihre Kammer und weinte, er aber ging hinter ihr her. Da sprach sie: „Ist denn der Teufel über mir, oder kam mein Erlöser nie?“ Da schlug er ihr ins Angesicht und sagte: „Kam dein Erlöser nie? Er ist über dir, du Betrügerin! Habe ich das an dir verdient?“ Da machte er sich sichtbar, ging in den Saal und rief: „Die Hochzeit ist aus, der wahre König ist gekommen!“ Die Könige, Fürsten und Räte, die da versammelt waren, höhnten und verlachten ihn. Er gab aber kurze Worte und sprach: „Wollt ihr hinaus oder nicht?“ Da wollen sie ihn fangen und drangen auf ihn ein, aber er zog sein Schwert und sprach: „Köpf alle runter, nur meiner nicht!“ Da rollten alle Köpfe zur Erde, und er war allein der Herr und war wieder König vom goldenen Berge.